Schuhe mit Blumen drauf

Du hast mir Schuhe gekauft mit Blumen drauf. Ich hab sie mir gewünscht.
Damit ich gut laufen lerne. Hast du gesagt. Denn man läuft besser in Schuhen, die einem gefallen. Du bist hinter mir her gelaufen. Mit kleinen Schritten und hast mich beim Wettlauf immer gewinnen lassen. Damit ich stark werde, hast du gesagt. 

Wenn wir auf Berge gestiegen sind, hast du heimlich meinen Rucksack angehoben und dich oben mit mir gefreut, wie federleicht die Brote doch waren, die ich für uns transportiert habe. Aber in den Bergen wären wir der Schwerkraft ferner und darum die Brote so leicht. Hast du gesagt.
Fahrradfahren lernt man am besten, wenn man es einfach macht. Stützräder brauchen wir nicht. Hast du gesagt. Und mich heimlich am Gepäckträger festgehalten. Ich habe gejubelt und du hast dich mit mir gefreut.
Hunde beißen, wenn man nicht vorsichtig ist, hast du gesagt. Aber es gibt einen Dompteur-Trick, den würdest du mir zeigen. Und hast ganz leise meine zitternde Hand geführt, damit ich den Schäferhund doch streicheln konnte. Ich hab mich getraut und er war ganz lieb.
Du hast den Zoodirektor bestochen, damit ich auf Elefanten reiten durfte und gesagt, das dürfe jeder hier. Denn Elefantenreiten wäre das normalste der Welt für Domteure wie uns. Wir würden, wenn ich weit genug wäre, in meiner Dompteur-Ausbildung, ein Krokodil als Haustier haben. Aber vorerst üben wir an der Katze, weil Krokodile sehr teuer wären. 
Nimm zwei Löffel Sahne, hast du gesagt und extra mehr Sahne für mich gemacht. Der Apfelkuchen schmeckt sonst nicht. Und ein Stück Kuchen, das nicht schmeckt, macht keinen Spaß.  Darum essen wir zur Sicherheit noch ein Stück Schokolade zum Nachtisch. Nicht,dass wir nicht genug Spaß bis abends gegessen hätten. Das wäre fatal.

An die Bohnen muss Bohnenkraut, hast du gesagt. Denn warum würde das Kraut sonst so heißen? Das sei doch ganz einfach. Und deine Bohnen waren immer die besten.
Monster haben nur Hunger, hast du gesagt. Aber sie mögen keine Bohnen. Es wäre aber dennoch ganz einfach. Denn eine Scheibe Brot auf dem Nachttisch hätten sie viel lieber als meine Füße. Und es hat funktioniert. Die Monster haben mich nie angefressen. Das Brot liegt noch heute dort.

Such dir einen Mann, der lieb zu dir ist, hast du gesagt. Such ihn nach der Größe seines Herzens aus. Nicht nach seiner Brieftasche, hast du gesagt. Denn Geld verdienen können wir alleine. Und wenn du ihn gefunden hast, schafft euch eine Katze an. Hast du gesagt. Denn Katzen sind der Spiegel der Seele und sie zeigen dir immer, ob du gut zu ihnen und anderen bist. Das machen Menschen manchmal nicht. Das wäre einfach so. Darum sind Katzen wichtig. Und dann vielleicht auch ein Krokodil.

Geht nie böse ins Bett, hast du gesagt. Denn es könnte sein, das man nicht wieder aufwacht. Und du hast mich immer zur Guten Nacht geküsst.

Jetzt bist du bist nicht mehr da und die Schuhe mit den Blumen passen mir längst nicht mehr.
Doch ich kann nun alleine laufen, weil du mir gezeigt hast, wie es geht.

Von Komplimenten.

„Lass Dich mal drücken, Du bist ein toller Mensch.“ sagt eine Freundin zu mir. Ich bin berührt. Von so viel Wärme und Ehrlichkeit und vor allem davon, dass sie in diesem Moment einfach ausspricht was sie denkt. Wahrscheinlich tun wir das alle viel zu selten.
Gleichzeitig wird mir klar: es gibt nicht nur Komplimente. Es gibt unterschiedliche Arten davon. Einfache und wertvolle.
Warum ich das glaube?

Die Riege der Schicke Schuhe – Tolle Haare – Coole Karre sind Komplimente. Ganz einfache. Herkömmliche. Kleine Aufmerksamkeiten, die sich auf Dinge beziehen, die wir mit uns herumschleppen. Mit denen wir uns schmücken. Die wir uns um den Hals hängen, vom Friseur oder in stundenlanger Handarbeit selbst hinföhnen und stecken. Die wir uns ins Gesicht malen. Die wir unter Schmerzen an den Füßen tragen. Die wir in Läden oder auf Flohmärkten jagen. Die wir uns vom Mund absparen.
Nein, ich will sie nicht abwerten. Ihnen nicht weh tun, diese kleinen Highlights des Alltags. Diesen kleinen Aufmerksamkeiten, von denen es zu wenige gibt. Diesen kleinen Achtsamkeiten, die wir uns gegenseitig zuwerfen können, um zu fühlen, dass wir real sind. Mit denen wir uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern und uns für eine paar Augenblicke glücklich machen können.

Daneben gibt es die wertvollen Komplimente. Diejenigen, die hängen bleiben. Die, die uns wachsen lassen. Die ein gutes Gefühl geben mit dem was wir tun und sind. Das sind die „Gut gemacht“ – „ich mag Dein Lachen“ – „Du singst so schön“ – Komplimente. Hier geht es ans Selbst. Ans Uns. Ans ich. Dinge, die wir nicht einfach morgens an- und abends wieder ablegen. Sie sind mehr als eine kleine Aufmerksamkeit. Sie sind eine wunderbare Art auszudrücken, dass wir wahrnehmen und wahrgenommen werden.

Und dann gibt es das ganz besondere Kompliment. Das eine kleine Kerbe ist Herz macht. An das wir uns erinnern.
Ganz egal, ob in Jogginghosen, Abendkleid oder Anzug, ob frisiert oder zerzaust. Ob müde oder wach, ob ungeschminkt, unrasiert oder aufgebrezelt. Lachend oder weinend. Gut gelaunt oder missmutig. Ob Du gewonnen oder verloren hast – „DU bist toll.“

Performance-Eltern

Ein kleiner Berg-Spaziergang. Auf dem Weg dorthin, müssen wir eine „Freizeitautobahn“ passieren, auf der tausende Fahrradfahrer und Sonntags-Hundeausführer ihr Unwesen treiben.

Es kommt uns entgegen: Die Manager-Familie von morgen. Papa im Casual Ralph-Lauren-Karohemd zur kobaltblauen Hose im Jeans-Schnitt. Dazu Lederslipper und den weissen Pulli locker um die Schultern. Eine RayBan auf der Nase. Dazu das passende Frauchen: blonder Pferdeschwanz, V-Pullunder über weiblicher Ralph-Lauren-Karobluse. Dazu beige Chinos und Ballerinas. Vor sich her schiebt das Pärchen einen Porsche-Kinderwagen mit einem Deko-Mädchen im Wir-gehen-noch-zur-Oma-Rüschenkleid und Reiswaffel in der Hand. Reiswaffeln sind die neuen Brezen. Machen nicht so eine Sauerei, wenn sie kleingelutscht werden, haben nahezu keine Kalorien, dafür aber wichtige Spurenelemente. Schmecken trotzdem nicht, den Blicken der Kinder nach zu urteilen.

Manager-Mutter dreht sich um und ruft: „Luis, jetzt komm endlich!“ Natürlich heisst das Kind Luis. International auszusprechen, weltgewandt, jetset.
Ca. 20 Meter weiter hinten sitzt ein kleiner Junge – keine 4 Jahre alt – auf einem Fahrrad und müht sich ab, der Familie hinterher zu kommen. Manager-Vater: „Das gleiche wie gestern, jetzt bricht er wieder ein.“
Bitte was? Es ist ein Kind! Immer wieder erschrecken mich diese Perfomance-Eltern. das Kind muss Leistung bringen. Mit 4 Jahren lesen, schreiben und 4 Fremdsprachen sprechen. Einen Halbmarathon laufen, im Fußball der beste sein. Töpfern, Zeichnen und Klavier spielen. Und ja nicht einbrechen, nachmittags um Vier.
Um diese Zeit haben wir als Kinder mit 4 Jahren immer eine Mittagsschläfchen halten müssen. Ob wir wollten oder nicht. Aber heute, heute wird performt.

Als wir auf Höhe des kleinen Luis sind, sieht er fast so aus, als hätte er sich gerade einen Plan überlegt. Ob er mit seinem Fahrrad den Bach passieren könnte? Und ob die Kraft noch reicht, bis zur Oma zu radeln wo man einfach nur Biene Maja gucken darf und einen Fruchtzwerg essen?
Ich hoffe, er hat’s geschafft.